«Die Zehn Gebote sagen mehr in der Substanz aus als zehn Millionen Gesetze, die wir heute haben.» Diese Ansicht vertritt der Vizepräses der EKD-Synode, Ministerpräsident a.D. Günther Beckstein (CSU), in einem am 14. Januar 2012 veröffentlichten Interview mit der Nürnberger Zeitung.
«Wenn man die Zehn Gebote besser kennen und besser befolgen würde, könnten wir uns die allermeisten Gesetze sparen», so
der Autor des Buches «Die Zehn Gebote» (SCM Hänssler). Sie seien «eine von Gott geschenkte wunderbare Ordnung, die uns auch für die Politik bestimmte Grundlagen gibt». In dem Interview äusserte
sich Beckstein ferner kritisch zur Abtreibungspraxis in Deutschland. Es belaste ihn, dass eines der reichsten Länder der Welt aus sozialen Gründen pro Jahr «100‘000 Kinder im Mutterleib
abtreibt».
Im Blick auf das Lebensende wandte er sich scharf gegen die von der Organisation «Dignitas» angebotene Beihilfe zur Selbsttötung: «Wenn auf einem Parkplatz in der Schweiz jemandem ein Mittel zum
Sterben verabreicht wird, hat das für mich nicht das Leiseste mit Würde zu tun. Aber ausgerechnet so nennt sich diese Sterbehilfeorganisation: Dignitas – Würde. Das hat für mich eher den
Charakter einer illegalen Abfallentsorgung.»
Statt Sterbehilfe Sterbebegleitung
Am Lebensende komme es auf eine angemessene Sterbebegleitung an, wie sie in vielen Hospizen, Pflegeheimen und Familien
praktiziert werde. Zur Frage, was die Politik von der Kirche lernen könne, nannte Beckstein «die Unbedingtheit des Lebensschutzes, wie ihn die katholische Kirche einfordert». Dies sei ein «ganz
grosser Segen». Er sei fest davon überzeugt: «Wenn sich die katholische Kirche nicht so geäussert hätte, hätte sich auch die evangelische Kirche nicht so klar positioniert.»
Im Blick auf die Arbeit der Politiker wünscht sich Beckstein von kirchlicher Seite Respekt und nicht Hochmut. Die allermeisten besässen «einen hohen Ethos und gehen in die Politik, weil sie die
Rahmenbedingungen so gut wie möglich gestalten wollen». Ausserdem hätten Politiker «oft mehr Sachkenntnis als ihre kirchlichen Kritiker».
Günther Beckstein: Anwalt, Politiker und Christ
Günther Beckstein (geb. 1943) ist deutscher CSU-Politiker. Er war von 1993 – 2007 bayrischer Staatsminister des
Innern unter Edmund Stoiber und von 2007 – 2008 bayrischer Ministerpräsident – der erste evangelische Ministerpräsident Bayerns nach dem Zweiten Weltkrieg.
Seit 1973 ist Günther Beckstein mit seiner Frau Marga verheiratet und hat drei Kinder. Er gehört der evangelisch-lutherischen Kirche an. Seit 1971 betreibt er eine Anwaltskanzlei. Als
Rechtswissenschaftler schrieb er seine Dissertation zum Thema «Der Gewissenstäter im Strafrecht und Strafprozessrecht». Sein neustes Buch trägt den Titel «Die zehn Gebote. Anspruch und
Herausforderung» und richtet sich an ein breites Publikum.
Datum: 17.01.2012
Quelle: idea.de